Körperlos Tränen essen
Die Tentakel der Magersucht greifen nach mir.
Edvard Munch: Der Schrei |
Am liebsten wäre ich körperlos. Meinen Körper los.
Ich verstehe ihn ja sowieso nicht: Kommen die Schmerzen im Unterleib von der Operation oder ist es der normale monatliche Verlauf? Bin ich wirklich müde oder stelle ich mich nur an? Habe ich schon abgenommen oder nicht? Die Hose schlackert zwar, aber im Spiegel bin ich rund wie stets. Habe ich nun Hunger oder was ist das? Der Appetit fehlt mir jedenfalls völlig, glaube ich zumindest. Wieviel einfacher wäre es doch, wenn mein Körper und ich nicht zusammengehörten.Warum sind Tränen nicht ausreichend?
Ich stehe in der Küche und weine. Ich schaue in den Kühlschrank, zum Obst, zur Schokolade. Meine Söhne brauchen ein gutes Mittagessen. Aber ich bin wie gelähmt und weiß einfach nicht, wie es geht. Mir reichen meine Tränen, die nicht aufhören wollen zu laufen. Viel zu anstrengend, meine Gedanken zu sortieren, meine Arme und Hände zu steuern, Gemüse zu schneiden, Essensgerüche um mich zu haben. Was soll ich bloß tun. Ich hasse sie, die Tentakel, und heiße sie doch willkommen. Ich halte es kaum aus.Die Angst schlägt zu und drückt mich nieder. Ich weiß nicht weiter.