Donnerstag, 28. September 2017

In eigener Sache

Irre Gedanken

 

Fakt ist ...

... ich muss mich operieren lassen und gehe morgen ins Krankenhaus. Ich habe Angst vor der Narkose, vor dem Eingriff und vor dem Ergebnis. Ich würde jetzt gerne ein Glas Rotwein trinken oder auch mehr. Chips essen, Gummibärchen. Doch ich beschränke mich auf ein Schälchen Gummibärchen, weil ich merke, dass ich überhaupt keinen Appetit habe. Doch der Griff geht sofort zur Süßigkeitenschranktür. Die ganze Woche schon.

Fakt ist auch ...

zerteilt und von außen betrachtet
..., dass in meinem Kopf sofort der Gedanke aufflammt: "Wenn ich jetzt krank bin, wenn es mir schlecht geht, nehme ich bestimmt ab. Das ist die Gelegenheit!" Es ist, als würde ein Teil von mir gar nicht kapieren, dass ich operiert werde, weil ich ein organisches Problem habe. Bei einem Teil von mir kommt nur an: Von außen gesteuert werde ich nicht mehr essen können und e n d l i c h abnehmen. Und dann bin ich wieder dünn und bleibe es auch. Was für irre Gedanken.

Montag, 25. September 2017

Eine bittere Anekdote

"Shopping is cheaper than a psychiatrist"

 

Immer auf der Suche

Zwischen zwei Arztbesuchen ein kurzer Gang über die Einkaufsstraße. Vielleicht finde ich ja eine Jeans, in der ich mich einfach mal jeden Tag wohlfühle. Eine neue Not-Hose sozusagen, die mir ohne Nachdenken ein angenehmes Outfit verschafft. Ich brauche jetzt die nächste Größe, die Hosen aus vergangenen Zeiten kneifen. Blödes Gefühl, doch so ist es. Uneingeschränkte Ehrlichkeit halt.

Heute also auf der Shopping-Meile

Ich erlebe frustrierende Versuche in Stuttgarts Umkleidekabinen. Und dann stehe ich vor diesem Schild: "Shopping is cheaper than a psychiatrist". Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Das ist so ein billiger Spruch! Heute bin ich wahnsinnig sensibel und nicht lustig und der Text erwischt mich auf dem falschen Fuß. Ein weinender Zusammenbruch soll mich auch später noch ereilen. 
  

Doch zurück zur Leuchtschrift

Ich google den Spruch und erhalte erstaunlich viele Treffer. Damit wird ja kokettiert! Ich ärgere mich. Hier wird zusammengebracht, was nicht zusammen gehört. Außer bei mir: Ich kaufe viel zu viel Zeug, gebe viel zu viel Geld aus, besitze 25 Jeans und keine taugt als die oben beschriebene Not-Hose. Da ich mich in keinem Kleidungsstück, ohne Kleider jedoch auch nicht, wohlfühle, versuche ich es immer wieder. Gebe mich der Hoffnung hin, diese eine Hose, diesen einen Rock, doch noch zu entdecken - und kaufe dabei zusätzlich unverfängliche Schuhe, Schals und Handtaschen. Noch ein ehrliches Eingeständnis. Ich schäme mich. Und ich brauche auf jeden Fall meinen Therapeuten. Nur mit Shopping komme ich jedenfalls überhaupt nicht weiter. Das hat der Tag heute deutlich gezeigt. Punkt.

Sonntag, 24. September 2017

Selbstverletzendes Verhalten

Gnadenlos ehrlich: So sieht's aus.

 

Nur eine Gewohnheit?

Ich erinnere mich, dass ich schon als Mädchen meine Fingernägel abgekaut habe. Meine Mutter schöpfte so ziemlich jede moderne Ablenkungsmethode aus, sogar übel schmeckenden Nagellack. In der Pubertät arbeitete ich mich eigenmotiviert daran ab, mit dieser Angewohnheit aufzuhören. Die Finger im Mund und hinterher blutende Nagelhaut fand ich selber hässlich. Die Außenwirkung wurde mir wichtig. Irgendwie habe ich es sogar geschafft, die Gewohnheit abzulegen, allerdings kam dann fast übergangslos die Bulimie.
Gekauft habe ich bestimmt 100 verschiedene sogenannte Produkte zur Hand- und Nagelpflege. Meine Finger begann ich zu schützen, manchmal sogar zu pflegen. Die Nagelhaut zupfe ich allerdings immer noch; mal mehr, mal weniger.

Warum ich niemals offene Schuhe anziehen kann.

Es gibt Zeiten, in denen ich sogar Ringe tragen kann. Aber niemals offene Schuhe, schöne Sandalen oder Flipflops. Denn: Meine Finger habe ich im Griff, aber meine Zehen sind völlig ramponiert. Ich habe so ausdauernd jeden einzelnen Zehennagel bearbeitet, d.h. abgezupft, eingerissen, abgeknibbelt, abgebissen, dass die Nägel nicht mehr nachwachsen und die Nagelhaut zerstört ist. Dies geschieht immer automatisch; ganz besonders im Sommer, wenn die Socken fehlen. Aber auch sonst. Fürchterlich peinlich. 

Wird die Not zu groß,...

... fühle ich mich wie ein Vulkan. Dann stehe ich kurz vor der Explosion, voller Energie weiß ich doch nichts mit mir anzufangen. Voller Bewegungsdrang, will ich nur aufs Sofa. Voller Sehnsucht nach Ansprache und Hilfe, ziehe ich mich zurück. Umgeben von Leben, will ich doch nur meine Ruhe haben. Voller Entsetzen sehe ich mir von außen zu, wie ich die Schokolade öffne. Oder den Wein. Ich schaue mir in den Kopf und lese meine Gedanken oder Sehnsüchte, ohne sie zu verstehen oder unterbrechen zu können. Reingrätschen klappt nicht immer. Dann will ich nur noch erbrechen, Schmerzen im Hals spüren, Blut schmecken. Aber ich erbreche ja nicht mehr. Was bleibt mir also? Mein Vulkan ist ja nach wie vor aktiv, mein Ich-Mich ist immer noch hin und wieder Matsche. Seit ich nicht mehr erbreche, nimmt das Knibbeln und Zupfen, das Abreißen und Kauen wieder massiv zu. 

Gnadenlos ehrlich zu sein,...

... habe ich mir ganz fest vorgenommen. Ich will mich selbst nicht mehr bescheißen. Ich will mir selbst vertrauen lernen. Also blicke ich auf meine Hände und Füße und stelle fest, dass ich mich weiterhin selbst verletze. Doch ich wage zu glauben und zu hoffen, dass diese abgeschwächte Form erstmal ok ist. Nicht schön, aber auf jeden Fall besser als das Erbrechen. Irgendetwas brodelt noch in mir, das ich noch aufdecken und womit ich umzugehen lernen muss. Damit ich vielleicht in diesem Leben doch nochmal Sandalen tragen kann.

Samstag, 23. September 2017

Kleine Weisheit

Ich glaub', ich mag Berührungen.

 

So beschreibt mein jüngster Sohn (s)ein Grundbedürfnis.

Schon als er klein war, ein Baby noch, schnurrte er beim Rücken- oder Bäuchleinstreicheln wie eine kleine Katze: ganz genüsslich, er bog sich meiner streichelnden Hand nahezu entgegen. Hatte er genug, drehte er sich fort. Meist wurde meine Hand jedoch zuerst müde. Auch jetzt, inzwischen ist er neun Jahre alt, mag er es noch sehr, wenn wir Zeit finden zum Kuscheln; er fordert diese Momente ein, wenn er sie braucht. Und beendet sie, wenn es reicht. Betrachte ich diese Situationen so für mich, bewundere ich ihn dafür: Er weiß, was er will und wie lange es gut für ihn ist.

Wieder lerne ich von meinem Kind: Nähe!

Er spürt, was er will. Er drückt aus, was er will. Auf eine nette, liebevolle Weise. Natürlich kann er auch verletztend sein. Aber nicht in diesen Situationen. Für mich als (psychisch kranke) Mutter sind die Kuschelzeiten auch Momente des Auftankens. Von niemandem sonst kann ich selbst diese intensive Nähe ertragen. Ich glaube, das liegt daran, dass mein Sohn völlig klar seine Bedürfnisse und auch seine Grenzen ausdrückt. Er will niemals mehr und ich verstehe meist gut, was er möchte. Er sagt über sich selbst: "Ich glaub', ich mag Berührungen." Und die sind für ihn wie Schokoladenkuchen.

Mein Körper ist nicht gut genug zum Anfassen.

Stets komme ich darauf zurück: Ich lasse Berührungen zwar zu, aber ich mag sie nicht. Damit meine ich nicht das Kuscheln mit meinen Kindern. Sondern Berührungen durch meine eigenen Hände oder die meines Liebes- und Lebenspartners. Das Gefühl meiner Hände auf meinem Bauch: eklig. Berührungen an anderer Stelle: eher mit zusammen gebissenen Zähnen zu ertragen. Wie eklig muss sich das für den Partner anfühlen? Mich selbst anschauen im Spiegel: zum Kotzen. Nur das Gesicht und die Schienbeine kann ich ertragen. Mein Mann findet mich sexy, mit mehr Gewicht eher mehr als weniger. Annehmen kann ich das nicht.


Meine Kinder stellen sich diese Fragen gar nicht.

Sie handeln instinktiv. Insbesondere mein jüngster Sohn will einfach nur berührt werden, am liebsten mit der ganzen Hand an Bauch und Rücken. Er mag die Wärme auf seiner nackten Haut, die Gänsehaut, die Bewegung, die Massage. Oft kommen wir dabei sogar ins Erzählen. Meine Kinder stellen sich die Frage nicht, ob sich ihr Bauch für mich gut anfühlt, für sie ist es gut. Sie fragen sich auch nicht, ob ihr Rücken beim Massieren Falten bildet. Das ist einfach so, gehört zu ihrem Körper dazu. Also alles in Ordnung und genau richtig. Wie schön.

Sonntag, 17. September 2017

Impressionen aus Frankfurt: Erfahrungsbericht

Starker Auftritt auf der IAA

 

Wenn 100.000 Menschen zusammenkommen, bin ich normalerweise nicht dabei.

Menschen zählen
Mit meiner Familie war ich für ein langes Wochenende in Frankfurt am Main auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA). Schon vor zwei Jahren bestaunten wir dort Neues und ganz Altes und probierten Vieles aus; ich war 2015 aber nur dabei, weil ich Angst hatte, alleine zuhause zu bleiben. Im Rückblick muss ich feststellen, dass ich mich damals dort ganz anders bewegt habe als jetzt: Vorsichtig, stets in der Nähe zum Ausgang, am Rand der Menschenmenge, immer in Sorge vor einer Panik-Attacke, in Gedanken beim nächsten vernünftigen Essen. Das hemmt natürlich ganz gewaltig!

Dieses Mal ist alles ganz anders.

Schön retro
Die Freude meiner Kinder und meines Mannes war so ansteckend! Und ich ließ mich anstecken. Ich konnte nach oben und nach unten schauen, ohne schwindelig zu werden. Ich konnte mich schieben oder ziehen lassen und ein Stehenbleiben durchsetzen, wenn ich das wollte. Kein Gedanke an all' das, was zuhause liegen bleibt. Sondern die Schönheit des Moments war wichtig. Das Gemeinsame mit meiner Familie. Manchmal überkam mich der Schreck vor meinem eigenen Mut, ich zuckte kurz und lauerte auf die Panik. Aber die blieb aus. Bloß meine Füße waren irgendwann platt. Mir ging es echt gut!

Aber was ist schon normal bei mir?

Weisheit in Frankfurt
Vielleicht doch mehr, als ich mir selbst zugestehe. Wenn ich auf mein Wochenende schaue, habe ich vermutlich total normal gegessen, zumindest ganz ähnlich wie meine Söhne. Ich habe meine Standards bzgl. der Mengen unkompliziert eingehalten, durchaus etwas genascht und auch ein Glas Wein getrunken. Ich habe unbeschwert auf den Hunger gewartet und meinem Appetit nachgegeben. Ich war sogar im Äppelwoikeller zum deftigen Abendessen. Aber: Ganz ohne schlechtes Gewissen, weil ich einfach aufhören konnte. Es geht also!

Dienstag, 12. September 2017

Größte Verunsicherung

Als ich anfing, essen zu lernen...

 

... stand ich vor der (zweit-)größten Herausforderung überhaupt.

Kurz vorweg: Ich kann es immer noch nicht zuverlässig, das mit dem Essen. Die größte Herausforderung war, das Erbrechen zunächst einzuschränken und dann damit aufzuhören. Dieser Prozess dauerte eineinhalb Jahre und ist sicher nicht abgeschlossen. Eine kleine Angst lauert tief in mir, dass ich wieder abstürzen könnte in die Spirale aus Essen und Erbrechen. Das Erbrechen ging, aber das Essen ist geblieben, muss es ja irgendwie. Das Essensthema, die Essens-Angst, ist auch geblieben, hat sich nicht von selbst erledigt. Das war zunächst meine stille, auch dumme, heimliche Hoffnung.

Die größte Herausforderung ist es, essen zu lernen.

Die normalste Sache der Welt, muss ich lernen. Das ist so bitter, nichts funktioniert bei mir einfach so, einfach von selbst, einfach automatisch. Ich schaue meinen Kindern ab, wie es geht: So viel essen, wie gut ist. Welche Portionen passen. Das essen, was ich mag, worauf ich Lust habe. Übrig lassen, was nicht mehr reinpasst. Aber auch dran riechen, schmecken, fühlen, langsam essen, manchmal sogar mit dem Essen spielen, sich am Essen freuen, dankbar sein. Und ich schaue ihnen zu, wie sie glücklich gesättigt, fast staunend, mit der Hand über ihre Bauchkugel streichen und sich damit wohlfühlen. Auch lerne ich von ihnen, dass sie überhaupt keinen Gedanken ans Essen verschwenden, wenn sie satt sind. Das ist ihnen dann nämlich völlig unwichtig. 

Essen-Lernen bedeutet Analysieren.

Die normalste Sache der Welt ist nämlich total schwer, wenn sie nicht intuitiv funktioniert. Schließlich muss ich ganz viel über mich selbst wissen, um zu essen: Ich muss Appetit (worauf?) und Hunger (körperlichen oder seelischen?) erkennen und unterscheiden. Ich muss entsprechende Zutaten einkaufen und diese zubereiten. Ich muss eine Portionsgröße definieren (wieviel in welcher Zusammensetzung?). Ich muss wissen, wann ich satt bin. Wenn ich Sport treibe, muss ich auch noch bedenken, welche Nährstoffe ich vielleicht zusätzlich benötige. Essen-Lernen umfasst auch das Aufhören-Lernen. Trotzdem hat es überhaupt und gar nichts mit Diäten im herkömlichen Sinn zu tun.

Essen-Lernen bedeutet Reingrätschen.

Essen hat in meinem Fall noch lange nichts mit Lust oder Genuss zu tun. Sondern ersteinmal ausschließlich mit Struktur, mit Vorbereitung, mit ganz viel Konsequenz und Disziplin. Die manchmal über Bord geht: 30 lange Jahre habe ich mir Appetit, Hunger, Sattsein abtrainiert. Meine Portionen waren riesenriesengroß, unvorstellbarriesigriesig. Ich muss vor jeder Mahlzeit kurz  überlegen. Komme ich in Not, in welcher Form auch immer, gilt der erste Gedanke der Schokolade oder dem Kuchen. Hier muss ich reingrätschen, innehalten, nachdenken, analysieren. Tue ich das nicht, greift die Fressattacke nach mir. Immer noch.

Essen-Lernen ist Verunsicherung.

Wie geht das alles? Das rein funktionale Essen-Lernen, aber auch das Analysieren und das Reingrätschen. Meine persönliche Antwort: Verunsicherung akzeptieren. Mit ganz viel Geduld, jeden Tag aufs Neue, mit ganz viel Willen und dem Verarbeiten von Fehlschlägen. Mit etwas Stolz vielleicht. Und mit viel Hilfe von außen. Über meine tolle Ernährungstherapeutin schreibe ich an anderer Stelle.

Ach so, das Bild da oben hat mir eine Oberärztin in der Klinik aufgezeichnet. Ein normales Essverhalten ist nicht ausschließlich gut und gesund oder exakt zwischen wenig und viel positioniert: Es ist immer eine Mischung, am liebsten eine ausgewogene...

Samstag, 9. September 2017

Der Weg in den Abgrund

Diät, Guter Vorsatz, Besteck, ApfelFressen und Kotzen oder Nixessen - perfekt zum Abnehmen? 

 

Auf den Punkt gebracht: Das ist toaler Quatsch!

  1. Vom Erbrechen habe ich noch nie abgenommen. Die Quälerei ist schier unendlich, doch es bleiben genug Kalorien im Körper und werden immer, immer wieder neu zugeführt, so dass eine Gewichtsabnahme fast unmöglich ist. Zugenommen haben meine Depressionen, meine Scham, das Lügen und Verstecken. Beständig.
  2. Vom Nixessen habe ich durchaus abgenommen an Körpermasse, aber stets auch an Energie, an Konzentration, an Nerven. Ich habe mein Lachen verloren. Gewonnen habe ich Schmerzen am gesamten Körper, Schwindel, Übelkeit, Nevosität, Panikattacken, körperliche Zusammenbrüche beim Sport. Und natürlich habe ich auch in diesen Zeiten meine Ausreden verfeinert.
  3. Der Körper geht völlig kaputt. Zwar war ich jung, als ich anfing, und mein Organismus konnte mein Suchtverhalten einigermaßen wegstecken. Doch inzwischen bin ich deutlich älter und spüre die Nachwirkungen: Speiseröhre, Magen, Herz, Stoffwechsel sind angegriffen. Meine Zähne sind erstaunlich gesund, kaum zu glauben. Trotzdem: Das Wertvollste, was ich habe, ist meine Gesundheit. Die hat mächtig gelitten.
  4. Ich konnte nie aufhören! Jeden Tag sagte ich mir: Morgen höre ich auf. Vorher nochmal alles essen, was ich so sehr mag und nicht darf. Noch einmal elend erbrechen. Aber morgen, morgen höre ich auf mit dem Fressen und Kotzen. Morgen esse ich, so richtig, total gesund, total normal. Das wiederum habe ich nie geschafft. Das geht nämlich nicht.

Auf den Punkt gebracht: Es geht überhaupt nicht ums Abnehmen!


Das ist nur vorgeschoben, Jede und Jeder will abnehmen. Das ist modern, gesellschaftlich anerkannt, sogar gewollt. Aber bei Essgestörten vorgeschoben. Denn eigentlich geht es um das Ich-Mich: Ich bin nicht richtig, ich störe, ich bin zu viel, ich muss weniger werden, ich muss mich reduzieren, mich korrigieren. Erst dann habe ich (vielleicht) das Recht, überhaupt da zu sein. Ich verletze mich selbst, strafe mich für mein Dasein. Aber nur durch die Schmerzen spüre ich überhaupt, dass ich da bin.

So habe ich die Spirale erlebt, den langen Weg in den Abgrund. Die Spirale dreht immer schneller und zerstörerischer, mehr Schmerzen, mehr Erbrechen, weitere, schlimmere Verletzungen. Kein Ich-Mich mehr, überhaupt keins. Nur noch Matsche in Körper und Seele. 

Während ich das hier aufschreibe, denke ich: Was für ein Scheiß! Aber so ist es, so habe ich es erlebt und erlebe es manchmal immer noch. Das ist Sucht, nur Sucht, keine Diät.

Was für ein Scheiß. Meine Meinung. Punkt.

Entspannungstraining

Nichts passt mehr so richtig - ich brauche eine Pause.

Aber ich kann gar keine Pause mehr machen. Wie geht das? Ich kann es nicht greifen...


Ein Artikel in der Stuttgarter Zeitung macht mich neugierig:

"Stressbewältigung: Gleichgewicht schaffen. Von Katja Gartz, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Erschöpfung. Regelmäßige Pausen, Entspannungsübungen und Absprachen mit dem Chef helfen" 


Ich erkenne mich wieder und mache spontan einen Termin bei der im Bericht zitierten psychotherapeutischen Heilpraktikerin Gabriele Kleefeld aus Stuttgart aus.

Ihre offene und herzliche Art spricht mich an, auf die 1. Sitzung folgen viele weitere. Diese muss ich zwar selbst zahlen, doch ich fühle mich gut danach und das ist es mir wert. 

Bei Gabriele Kleefeld lerne ich u.a. die 'Zwei-Minuten-Entspannung', die mich durch eine Art Körperscan sofort bremst und in die Pause zwingt. Außerdem darf ich bei ihr malen und zeichnen und dabei aus einer Fülle von Materialien wählen. Ihr Praxis-Atelier wirkt inspirierend. Gabriele Kleefeld lässt mich in der Phantasie reisen und sorgt wirklich für Entspannung. Ich bekomme erstmals wieder einen kleinen, kurzen Zugang zu mir selbst und zu meinem Körper. So erfahre ich Neues und merke, dass ich daran weiter arbeiten möchte. Zu dem Zeitpunkt glaube ich noch, die bloße Erschöpfung zwinge mich in die Knie. Meine Essstörung hatte ich ja stets im Griff. Dachte ich damals.

Als Gabriele Kleefeld umzugsbedingt ihre Praxis in Stuttgart schließt, verabschiede ich mich. Der Weg nach Tübingen ist für mich zu kompliziert. Jedoch behalte ich diese Sitzungen in guter Erinnerung, im Rückblick wirken sie sogar wegweisend. Danke!

Zeit für eine Pause

Umbrüche. Abschiede. Ich ziehe mich zurück, der Blog macht Pause. Gründe dafür gibt es viele, der Wichtigste: Mit dem Essen komme ich zurech...