Freitag, 19. Januar 2018

Fehltritt oder Rückfall: Ein Überblick

Geliebtes. Verbotenes.

Ein Rückfall ist kein Lapsus.


Notgedrungen beschäftige ich mich mit dem Thema Rückfall, Rückkehr zum Suchtverhalten, stöbere diesbezüglich in der Fachliteratur und - selbstredend - ebenfalls im Internet. Auch wurde ich gebeten, abseits der Schlagworte auf meiner blog-Startseite das Thema zu beleuchten und Einblicke zu erlauben. Ich werde es versuchen.

Definitionssache.  

Persönliche Voraussetzung: Ich bin bulimisch. Ich will mit dem Erbrechen aufhören. Ein Rückfall bedeutet, dass ich erbrochen habe. Ich bin kaufsüchtig. Ich will mit dem unkontrollierten Geldausgeben aufhören. Ich trinke zu viel Alkohol, ich will mich mäßigen. Ich lebe sozusagen in einem riesigen Suchtkonglomerat, siehe auch "Mein reizender Cocktail aus Wein, Schokolade, Kaffee, Tabletten, Blut und Schmerz". Ich habe Depressionen und nehme Medikamente, die ich eigentlich wieder absetzen möchte. Grundsätzlich will ich also mein vielfältiges Suchtverhalten ablegen. Hier konzentriere ich mich jedoch auf meine Essstörung.

Wissenschaftliche Unterscheidung: Unter Rückfall ("relapse") wird die Rückkehr zum Suchtverhalten verstanden, welches sogar schlimmer als zuvor ausgeprägt sein kann. Kommt es zu einzelnen Vorfällen an bestimmten Punkten des Änderungsprozesses, wird hingegen von einem Fehltritt ("lapse" oder "slip") gesprochen. Sowohl einzelne Fehltritte als auch andauernde Rückfälle begleiten i.d.R. den Weg des Gesundwerdens. Ich dachte, es wäre anders, doch ich kann nur bestätigen, dass der Weg nicht ohne Einbrüche verläuft.

Verbreitet ist ein allgemeines Verständnis, dass das Erbrechen eine Rückkehr zu alten Gewohnheiten bedeutet und somit negativ besetzt als Rückfall bezeichnet wird. Ich übernehme der Einfachheit halber diesen Terminus. 

Beschreibung von Situationen. Ganz intim. 

Angetrieben werde ich von dem Bedürfnis, den Moment zu erwischen, wenn der nächste Rückfall droht. Diesen will ich ab-würgen, damit ich an meinem Raus-würgen nicht irgendwann ersticke. Ein Rückfall ist kein Lapsus. Ein Rückfall wirft zurück, und zwar mächtig. Den gefährlichen Moment gilt es stets aufs Neue zu bemerken, anzuhalten, aufzuhalten und umzuleiten.

So habe ich beispielsweise über meinen 1. Anfall nach eineinhalb (!) Jahren geschrieben. Auf diesen folgten weitere und ich versuche noch immer, wieder aufzuhören, siehe auch: "Gnadenlos ehrlich." Bei weiteren Anfällen analysiere ich die Umstände und die Ursachen, die dazu führten: "Zufrieden sein wie Pumuckl" und "Nachtrag".

Gefühltes Ende.
Es ist so wahnsinnig anstrengend, alte Muster abzulegen und neue Verhaltensweisen zu etablieren. Vielleicht ist das der Preis, den ich zahlen muss fürs Gesundwerden. Sagt mein Therapeut. Und ich unterschreibe seine Aussage. Ein Beispiel für einen erfolgreichen Widerstandsmoment ist nachzulesen in den posts "Mit neuer Kraft" und "Ungeschönte Wahrheit".

An dieser Stelle fasse ich also zusammen und möchte aufschlüsseln, wie ich selbst diese Momente erlebe und wie ich versuche, einen Umgang zu finden ("Schlüsselsätze: Ein Überblick."). Ich schreibe über meine Ambivalenz, meine Änderungsmotivation. Ganz persönlich. Ganz intim. Nicht einfach übertragbar. Aber vielleicht hilfreich im richtigen Moment.

Außerdem ist mir wichtig, über meinen Körper zu schreiben: Das Erbrechen ist Missbrauch an meiner Gesundheit, schadet meiner Seele und schädigt sehr konkret meine Organe. Manchmal muss ich mir das selbst deutlich vor Augen halten, so auch nach meinem "Reinfall". Nur wenige Menschen wissen davon, darum sei dieser wesentliche Aspekt hier unbedingt erwähnt.

Essstörungen: Wissenschaftliche Blickweisen. Ganz öffentlich.

Material. Eine Auswahl.
Essgestörte lesen gern und viel über ihre Krankheit. Das habe ich immer schon getan. Bei irgendeinem Umzug habe ich, in dem irrigen Glauben, der Stadtwechsel lasse meine Krankheit zurück, alle Bücher vernichtet. Nach längerer Pause wuchs der Stapel wieder. Inzwischen bin ich so lange betroffen, dass ich aus einer ganzen Reihe Bücher und Websites die für mich passenden Texte bestimmen kann. Auch diese Auswahl ist keinesfalls allgemeingültig. Ich empfehle, stets aufmerksam und reflektiert zu lesen - es gibt keine einzige Wahrheit, sondern ganz, ganz viele, sehr individuelle Wahrheiten.

Rückfälle: Wo ist der Lesestoff?

Bei meinen Recherchen stelle ich fest, dass das Thema Essstörung und Fehltritt, Anfall, Rückfall, Lapse oder Relapse, wie auch immer die Benennung lautet, noch selten Niederschlag in der Literatur findet. Hier bin ich angewiesen auf Fachartikel und -bücher insbesondere aus dem Bereich des Alkoholmissbrauchs. Unter Vorbehalt kann ich auch Diätbücher hinzuziehen, die aus eher medizinischer Sicht den Umgang mit Essanfällen beleuchten. Nach meinem Dafürhalten gibt es bisher wenig hilfreichen Lesestoff. Ich tue mich außerdem schwer, aus anderen Erfahrungsberichten im Internet Informationen zu ziehen, darum werde ich selten dorthin verlinken. Vielleicht bin ich zu alt, um den Einträgen in Chats oder auf Facebook folgen zu wollen. Auch will ich nicht anleiten zum Nachmachen der Essstörung, sondern explizit zum Aufhören!

Weiteres folgt!

Letzte Aktualisierung: Montag, 09.12.2019

Zeit für eine Pause

Umbrüche. Abschiede. Ich ziehe mich zurück, der Blog macht Pause. Gründe dafür gibt es viele, der Wichtigste: Mit dem Essen komme ich zurech...