Sonntag, 17. Juni 2018

Nachtrag

Zum Zwanghaften. Eine Ergänzung.


Als ich meinen letzten Post "Ungeschönte Wahrheit. Ohne E wie Erbrechen." noch einmal lese, kommt mir ein Gedanke, den ich ergänzen möchte.

Einmal, vor langer Zeit, versuchte ich einem Menschen aus meinem nächsten Umfeld meine Zwänge zu erklären. Die Antwort: "Dann disziplinier' Dich halt!" Das fällt mir heute beim Lesen ein. Die Aussage hat damals eine Tür zugeknallt, die ich nun aufbrechen muss, da ich mich meinem Außen öffne. Inzwischen weiß ich, dass viele Menschen so denken. 

Ich möchte dann erwidern: Ich bin ein sehr disziplinierter Mensch und meist sehr hart und unnachgiebig mit mir selbst. Mir selbst Fehler oder Unschärfen, Unsicherheiten zuzugestehen oder gar zu verzeihen, lerne ich erst. Mein Leben verlief geplant und strukturiert, ich bin selten ausgebrochen, sondern eine extrem disziplinierte Tochter, Schülerin, Frau, Studentin, Ehefrau, Mutter, Arbeitnehmerin mit hohen Ansprüchen und Standards bezogen auf meine eigene Leistung und Funktion.

Vielen betroffen Mädchen und Frauen, Jungen und Männern durfte ich auf meinem Weg schon begegnen, die ähnlich gestrickt sind wie ich: Der Hang zur Perfektion eint uns, von Disziplinlosigkeit sind wir weit entfernt, halte ich fest. Hier möchte ich pauschalieren.

Allerdings: Bei diesem einen Thema, dem Essen, hakt es. Da werden wir maßlos, werden von unseren Zwängen überrollt, wir können nicht anders. Keine Floskel, das ist so. Wir brechen aus in unterschiedliche Formen der Essstörung. Aber das ist keine fehlende Disziplin, sondern Machtlosigkeit. Letztere ist ein wesentliches Merkmal von Zwängen. Diese wiederum sind ein Merkmal von Suchterkrankungen, einfach und unwissenschaftlich gesprochen. 

Ihr im Außen, Ihr dürft Euch das  so vorstellen: Wir fahren im Auto mit schlechten Bremsen, die bedingt duch einen Wackelkontakt unzuverlässig und unvorhergesehen ausfallen oder funktionieren. Wir ahnen, dass ein Defekt vorhanden ist. Doch wir kümmern uns nicht, schließlich ist es bisher immer gut ausgegangen. Wir haben Angst, näher hinzuschauen, große Angst. Vielleicht müssen wir uns mit Werkstätten herum schlagen oder auf das Auto eine Weile verzichten. Undenkbar. Also setzen wir uns eben weiter der Gefahr aus.

Es ist unfassbar schwer, Zwänge zu durchbrechen und abzulegen. Das bedarf jahrelanger Auseinandersetzung, Übung, guter Therapeuten und großer Ausdauer. Und Disziplin. Die 'alte' Aussage von damals schmerzt noch immer, doch ich begreife heute auch, wie schwer es für das Außen ist, mich zu verstehen. Inzwischen kann ich bei mir eine Stärke und Kraft entdecken, die ich mir selbst nie zugetraut hätte. Darum bin ich schon so weit gekommen und habe einen großen Teil meines persönlichen Tales durchschritten. Das fühlt sich gut an. An alle: Nur Mut!

Zeit für eine Pause

Umbrüche. Abschiede. Ich ziehe mich zurück, der Blog macht Pause. Gründe dafür gibt es viele, der Wichtigste: Mit dem Essen komme ich zurech...