Warten auf die Depression
Warum ich in ambivalenter Habachtstellung bin und mir eine Depression herbeisehne.
Status Quo
Ich komme zurecht, gehe gerne zur Arbeit und freue
mich dort über die Anerkennung und die vielfältigen Aufgaben, die
inzwischen auf meinen Schreibtisch gelangen. Zurück zuhause, sorge ich
für Mittagessen und kurze Rücksprache mit den Söhnen,
die gerade da sind. Diese widmen sich anschließend ihren eigenen Dingen
und organisieren sich selbst. Schließlich sind Ferien. Und ich? Ich
gehe ins Bett, schlafe eine Weile – so ungefähr zwei Stunden – und werde
dann nur unter Mühen wieder wach, von Tatkraft
keine Spur. Die alltäglichen Hausarbeiten schaffe ich kaum, sie gehen
mir nicht mehr leicht von der Hand, sondern werden zur Belastung. Vieles
lasse ich unerledigt, jetzt bin ich echt faul. Völlig energielos.
Wichtiges schiebe ich stetig vor mir her. Mein
wunderbarer Therapeut sorgt sich wegen meiner Stagnation. Ich halte
mich für mutlos, er nennt es willenlos.
Das ist mein Status Quo. Ich mag
ihn gar nicht. Per Definition von
Wikipedia bezeichnet „Status quo (lateinisch
für „bestehender (aktueller) Zustand“, eigentlich „Zustand, in dem …“
oder „Zustand,
durch den …“) den gegenwärtigen Zustand einer Sache, der in der Regel
zwar problembehaftet ist, bei dem aber die bekannten Möglichkeiten zur
Abhilfe ebenfalls problembehaftet sind.“ Oha, das passt:
problembehafteter Zustand, problembehaftete Abhilfe...
Löcher mit
Essen. Ich erbreche. Ende. Ich stagniere. Ende. Ich erhöhe die Dosis
und halte mich an den Medikamenten fest. Ende! Ende? Wo wäre ich wohl,
wenn mich die Tabletten nicht stabilisieren
würden? Aus der Vergangenheit kann ich die Frage beantworten: Ich würde
abstürzen in Essanfälle und Lethargie, mit Rückzug und düsterer
Trauerstimmung reagieren, emotional und körperlich sehr krank werden.
Ein fürchterlicher Zustand, der lange anhalten kann
und unendlich schwer zu überwinden ist. Aber: Ich bin jedes Mal mit
neuer Kraft wieder aufgestanden. Danach konnte ich klarer sehen und
Entscheidungen fällen und weiter laufen. Aus mir selbst heraus. Also
verfluche ich nun meine Medikamente? Nein, ich brauche
sie. Viel zu beängstigend ist die depressive Phase nicht nur für mich
selbst, sondern auch für mein Umfeld. Doch im Augenblick stagniere ich,
seit Wochen eigentlich. Aus mir selbst heraus entsteht nichts Neues,
obwohl ich doch weiß, was zu tun ist. Beschämender
Status Quo.
Ein Hoch auf die Depression
Alles Nachdenken und ewiges Brüten über dieselben Themen führt nicht weiter. Immer gelange ich an den gleichen Punkt: Ich weiß, was zu tun ist. Trotzdem bin ich ambivalent. Ende. Ich habe Angst davor. Ende. Ich gehe dem (Neu-, Gesprächs-, Konfrontations-, Alles-)Beginn aus dem Weg. Ende. Ich stopfeIrre. |