Donnerstag, 2. August 2018

Status Quo

Warten auf die Depression 


Warum ich in ambivalenter Habachtstellung bin und mir eine Depression herbeisehne.  

Status Quo 

Ich komme zurecht, gehe gerne zur Arbeit und freue mich dort über die Anerkennung und die vielfältigen Aufgaben, die inzwischen auf meinen Schreibtisch gelangen. Zurück zuhause, sorge ich für Mittagessen und kurze Rücksprache mit den Söhnen, die gerade da sind. Diese widmen sich anschließend ihren eigenen Dingen und organisieren sich selbst. Schließlich sind Ferien. Und ich? Ich gehe ins Bett, schlafe eine Weile – so ungefähr zwei Stunden – und werde dann nur unter Mühen wieder wach, von Tatkraft keine Spur. Die alltäglichen Hausarbeiten schaffe ich kaum, sie gehen mir nicht mehr leicht von der Hand, sondern werden zur Belastung. Vieles lasse ich unerledigt, jetzt bin ich echt faul. Völlig energielos. Wichtiges schiebe ich stetig vor mir her. Mein wunderbarer Therapeut sorgt sich wegen meiner Stagnation. Ich halte mich für mutlos, er nennt es willenlos.
Das ist mein Status Quo. Ich mag ihn gar nicht. Per Definition von Wikipedia bezeichnet „Status quo (lateinisch für „bestehender (aktueller) Zustand“, eigentlich „Zustand, in dem …“ oder „Zustand, durch den …“) den gegenwärtigen Zustand einer Sache, der in der Regel zwar problembehaftet ist, bei dem aber die bekannten Möglichkeiten zur Abhilfe ebenfalls problembehaftet sind.“ Oha, das passt: problembehafteter Zustand, problembehaftete Abhilfe...

Ein Hoch auf die Depression

Alles Nachdenken und ewiges Brüten über dieselben Themen führt nicht weiter. Immer gelange ich an den gleichen Punkt: Ich weiß, was zu tun ist. Trotzdem bin ich ambivalent. Ende. Ich habe Angst davor. Ende. Ich gehe dem (Neu-, Gesprächs-, Konfrontations-, Alles-)Beginn aus dem Weg. Ende. Ich stopfe
Irre.
Löcher mit Essen. Ich erbreche. Ende. Ich stagniere. Ende. Ich erhöhe die Dosis und halte mich an den Medikamenten fest. Ende! Ende? Wo wäre ich wohl, wenn mich die Tabletten nicht stabilisieren würden? Aus der Vergangenheit kann ich die Frage beantworten: Ich würde abstürzen in Essanfälle und Lethargie, mit Rückzug und düsterer Trauerstimmung reagieren, emotional und körperlich sehr krank werden. Ein fürchterlicher Zustand, der lange anhalten kann und unendlich schwer zu überwinden ist. Aber: Ich bin jedes Mal mit neuer Kraft wieder aufgestanden. Danach konnte ich klarer sehen und Entscheidungen fällen und weiter laufen. Aus mir selbst heraus. Also verfluche ich nun meine Medikamente? Nein, ich brauche sie. Viel zu beängstigend ist die depressive Phase nicht nur für mich selbst, sondern auch für mein Umfeld. Doch im Augenblick stagniere ich, seit Wochen eigentlich. Aus mir selbst heraus entsteht nichts Neues, obwohl ich doch weiß, was zu tun ist. Beschämender Status Quo.
 

Sehnsucht

Auf einem Fest am vergangenen Wochenende durfte ich gute Gespräche führen. Eine Ehefrau: „Ich versuche, ihm Mut zu machen, und keine Angst vor der Veränderung zu haben.“ Welche Hingabe spricht aus diesem einfachen Satz, welche Zuneigung und welches Vertrauen. Und: Hier wird gesprochen, miteinander geteilt. Ich spüre, dass ich das auch haben möchte, wie sehr mir das fehlt. Ich fühle nahezu körperlich das riesenhafte Loch in meinem Bauch, die Sehnsucht, den Ruf nach KuchenKäseSchokolade, wenn ich schon das andere nicht haben kann. Gleichzeitig fühle ich sehr deutlich starken Unwillen, geradezu Widerstand, diese Sehnsüchte in meinem Status Quo zur Erfüllung zu bringen oder dieses anzuregen oder einzufordern. Und ich spüre, wie ungerecht ich denke und handle. Diese Erkenntnisse tun mir weh, aber sie sind von großer Bedeutung und ich darf sie nicht (mehr) wegdrücken, bloß weil ich sie nicht haben will. 

Mut-Macher

Seit ich begonnen habe, mich zu öffnen, sind mir einige außergewöhnliche Mut-Macher begegnet. So stolpere ich erneut über die eMail einer lieben, leider im täglichen Leben verschollenen Freundin, die ich seit Monaten beantworten möchte – diese eMail macht mir Mut und stärkt meinen Willen, die Dinge anzugehen. Vielleicht musste sie so lange liegen und beim vielfachen Wiederlesen in mir nachhallen. Möglicherweise komme ich allmählich raus aus meinem mut- und willenlosen Zustand? Ich rufe mir die Impulse in Erinnerung, die mir gegeben wurden: Ich nehme sie auf und an und ich trage sie mit mir herum, in aller Stagnation geht es in meinem Innern vielleicht doch voran. Sehr langsam und zurückhaltend, ängstlich aushaltend und bedächtig abwartend, unsicher beobachtend, spürend und fragend forme ich vielleicht doch meinen Plan und komme ins Tun. Ich danke Euch allen.

Zeit für eine Pause

Umbrüche. Abschiede. Ich ziehe mich zurück, der Blog macht Pause. Gründe dafür gibt es viele, der Wichtigste: Mit dem Essen komme ich zurech...