Donnerstag, 9. August 2018

Frei gelegt

Fest verinnerlichte Glaubenssätze.


Angriff. Explosiv.
Als Schreiberling suche ich mir Worte, um selbst zu begreifen, den tieferen Sinn zu entdecken. So legen, in der Retrospektive notiert, meine persönlichen Lebensschritte einen roten Faden frei: Ich stehe vor der Rebellion, vor einer Gefühlsexplosion nach bedürfnis-toten Jahren. Wenn ich offen und ehrlich bin, weiß ich, wo ich ungehorsam werden möchte. 

Eine ganz intime Liste zum Nachdenken

  • Noten und Bewertungen: Leistung zählt durchaus und ist wichtig, um im Leben vorwärts zu kommen. Wirklich, an dem Satz ist etwas dran. Aber das Menschsein kommt aus dem Innen, nicht aus dem Außen. Wenn mich der Leistungsdruck umbringt, kann ich kein Mensch sein. Ein Beispiel: Mit einer 5 in Mathe habe ich dennoch später im Studium Programmieren gelernt. Ich habe allerdings selbst diesbezüglich nie an mich geglaubt und bin über den Aufgaben sehr verzweifelt. Meinen Kindern möchte ich ein Zutrauen mitgeben, dass sie auch Dinge schaffen können, die ihnen nicht liegen, wenn sie es unvoreingenommen versuchen. Ohne Druck, aus ihrem Innen heraus. Und gerne mit Hilfe und Unterstützung. Wenn sie dann einen Punkt erreichen, an dem sie zufrieden sind, will ich es auch sein. Noten und Bewertungen also in Maßen, das wäre schön.
  • Die "was-werden-wohl-die-Leute-denken"-Perspektive: Maßvoll möchte ich dieses Denken ablegen. Was man tut und nicht tut, was man darf und nicht darf, was sich schickt und nicht schickt, das soll mir gleichgültiger werden, manchmal egal sein und mein Ich-Sein nicht länger unterdrücken. Einige Beispiele: Ich will meine Wäsche sonntags aufhängen, in der Kirche oder im Büro weinen, meine Kinder mit löchrigen Hosen in Stuttgarter Schulen schicken oder meine (Schwieger-)Eltern in meinem ungeputzten Haus empfangen. Ich will ein dreckiges und verbeultes Auto fahren. Ich will erzählen, dass ich krank bin, ohne mich aufzudrängen, und obwohl man nicht darüber spricht. Ich will in den Biergarten gehen, obwohl die Wäsche immer noch auf der Leine hängt. Ich will viel Geld für eine Konzertkarte ausgeben, obwohl ich davon nur 2 Stunden etwas habe, der Genuss dann vorüber ist und bloß die Erinnerung bleibt.
  • Irgendwer wird's schon richten: Manchmal sorgt die Zeit für Auflösung, aber Aussitzen ist nicht gemeint. Selbst entscheiden will ich, auch in wesentlichen Dingen Position beziehen, sogar wenn es unangenehm oder anstrengend wird. Das muss ich wirklich lernen, ergebe ich mich doch gerne der Harmonie oder den Bedürfnissen anderer. Mein Herz und mein Verstand sprechen inzwischen eine klarere Sprache, die ich oft verstehen kann: Position beziehen, sachlich und fair, das möchte ich schaffen.
  • Faulsein und Pausemachen: Ich möchte auf mich hören,
    Faultier.
    wann ich eine Pause brauche. Im Moment brauche ich viele Pausen, Ruhe und Zeit für mich. Schade, dass ich mich dafür so schäme. Die langen Jahre ohne Pause, des Durcharbeitens, des Fertigwerdenmüssens, des Lebens ausschließlich nach gesellschaftlich anerkannten Prioritäten
    (Pausemachen, Spaßhaben, Geldausgeben, Lustigsein gehörten nicht dazu) möchte ich hinter mir lassen. Ein Beispiel: Ein lieber Freund renoviert seit 2 Jahren ein Haus. Meist ist er auf seiner Baustelle, doch viele Wochenenden verbringt er mit Freunden, beim Radfahren oder im Fußball-Stadion. Das sorgt in meinem Umfeld für Unverständnis. Ich jedoch finde, dass er es absolut richtig macht. Sonst ginge das Leben ja ohne ihn vorüber... Und wirklich faul ist er nie, sondern er macht einfach zwischendurch richtig schöne Dinge, obwohl seine Baustelle noch nicht fertig ist. 
  • Ewig-selbstverständliche Rücksichtnahme: Niemand hat mir gesagt, dass ich duckmäuserisch-fürsorglich zu sein habe. Das ist passiert, unbewusst: Ich wollte mich anpassen, gut sein, bloß keine kritischen Rückmeldungen herausfordern oder mich gar Auseinandersetzungen stellen. Ich glaubte, nur dann würde ich irgendwie richtig sein. Darum wurde ich rücksichtsvoll bis zur Selbstaufgabe und habe vieles Kritische taktisch klug vorweggenommen und umschifft. An mancher Stelle habe ich auf diese Weise Verantwortung übernommen, die mir gar nicht zusteht! Und Kontrolle, immer Kontrolle. Beispiele: Wenn Übernachtungsgäste in jeder Ecke schlafen, habe ich die Wohnung verlassen, um dem Rest ein ungestörtes Ausschlafen zu ermöglichen; zukünftig werde ich trotzdem die Kaffeemaschine einschalten. Gleichgültig, ob ich Urlaub habe oder Geburtstag, ich stehe selbstverständlich täglich morgens als Erste auf. Genauso, wenn ich Fieber habe oder einen gebrochenen Fuß. Wenn ich das Bedürfnis habe, dreckig laut zu lachen, verkneife ich es mir. Damit will ich aufhören, es tut mir nicht gut.
  • Unperfekt sein: Hier mache ich Unterschiede zwischen Beruf und Privatem, das ist klar. Im Büro versuche ich, perfekte Ergebnisse zu bringen. Gleichzeitig übe ich mich darin, Korrekturen anzunehmen und im Gespräch, im gemeinsamen Austausch besser zu werden. Ich lerne noch, aber mit vollem Einsatz und Engagement. Zuhause und im Privaten jedoch darf es manchmal unperfekt sein. Ein Beispiel: Ich habe ein Liedblatt für eine große Feier gestaltet. Das Druckbild ist nicht einwandfrei, Texte sind verrutscht. Doch ich belasse es dabei, es sieht ja schön aus!

Zwischensumme.

Heute denke ich: Was für eine mörderische Anstrengung! Das kann und will ich nicht mehr. Mein Außen darf sich auch um mich kümmern und ich muss nicht um alles bitten. Gleichzeitig wird mir wirklich nix von der Nasenspitze abgelesen und ich muss meine Bedürfnisse formulieren. Höre ich auf mein Innen, kann ich das. Ich bin trotzdem wertvoll, selbst wenn ich etwas nicht schaffe oder kann oder mag - oder wenn ich krank bin. So erziehe ich meine Kinder und ich wünsche mir, dass dieser Grundsatz auch für mich gelten darf. Selbstverständlich geht es um das richtige Maß. Ich muss lernen, auf mich und meine innere Stimme zu hören: Was sagt mein Herz, was möchte ich? Wenn ich in meinem Innen zu mir finde, dabei reflektiert bleibe, finde ich dieses Maß. Dann darf ich auch Dinge ohne schlechtes Gewissen tun, wenn sie nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechen. Wichtig ist: Ich bin auch da! Das heißt, dass auch ich eine gewisse Rücksichtnahme des Außen verdiene. Und ein Ernstgenommenwerden.

Aufstand konkret.

Neuland.
"Fazit: Ich habe einen Punkt erreicht, an dem ich nicht mehr weiter komme." Wenn ich gesund werden will, muss ich jedoch weiter laufen. Das Schwierigste, Schlimmste, Traurigste muss ich ganz konkret angehen. Dabei werde ich den Boden einstampfen, auf dem Lebenspläne anderer gebaut sind. Dieses Wissen hält mich zurück. 

Trotzdem: Ohne Veränderung bleibe ich in der Stagnation haften wie eine Fliege im Spinnennetz. Dafür ist es schon zu spät. Und möglicherweise birgt die Veränderung Chancen nicht nur für mich, sondern auch für mein engstes Außen. Das ist meine Hoffnung.

Zeit für eine Pause

Umbrüche. Abschiede. Ich ziehe mich zurück, der Blog macht Pause. Gründe dafür gibt es viele, der Wichtigste: Mit dem Essen komme ich zurech...