Sonntag, 27. Januar 2019

Hausaufgabe:

Verlorengegangen.

Zielvereinbarung.


Stichworte, Schlüsselworte: Ziele, Wünsche, messbarer Erfolg, Umsetzung, Zielerreichung. Himmel, liegt mir das alles schwer im Magen. Oder wie Steine auf dem Bauch. Wieder bin ICH dran, ich muss arbeiten und handeln, kein anderer erledigt das für mich. Aber was eigentlich genau?

Die Sache mit den Zielen.

Oder wenigstens: mit dem Ziel. Die Sache mit dem 1 Ziel. Eins werde ich doch wohl definieren können, oder?! Mein wunderbarer Therapeut findet, dass ich nun, da ich so Vieles erreicht und umgesetzt habe, meine Ziele neu festzurren sollte. Überall sieht er Erfolge, aber auch das Schwere, Ungelöste. Sein Denken bezieht sich perspektivisch auf das nächste halbe Jahr, also auf die Zeit bis zum Sommer vielleicht. Dann werden sich unsere Wege trennen. Es ist gut, das zu wissen. Ich bin darüber nicht erstaunt oder böse, das war zu erwarten und ist bloß ehrlich. Wir gehen schon viele Jahre gemeinsam und es ist richtig, diese Symbiose langsam und vorsichtig zu lösen. Für meine Zielvereinbarung definiert dies den verfügbaren Zeitrahmen. 

In meiner letzten Therapiesitzung lautete die Frage: "Wie oder woran werden Sie in einem halben Jahr merken, dass es Ihnen besser geht?" Ich habe viel ausweichenden Quatsch geredet. Dann war ich still, habe überlegt. Und bin ohne Ergebnis geblieben. Ich wollte die Antwort vertagen und habe um Aufschub gebeten. Mein wunderbarer Therapeut ließ nichts davon gelten, fragte nach, bis ich folgendes formuliert hatte:
  • Weniger allgemeine Erschöpfung, nur noch bei konkreter Überlastung
  • Spürbar mehr Energie
  • Freude auf den Tag, nicht nur abwickeln und morgens schon an den Abend denken
  • Lust, mit den Kindern oder abends mit Freunden etwas zu unternehmen
  • Wenig Stimmungsschwankungen
  • Langfristig ohne Medikamente zurecht kommen
Herrjeh, und wie messe ich das? Als ich mich daran festbiss, machte mein Therapeut weiter. Die Sitzung war viel zu kurz für mich und meine komplizierten, gehemmten, ausweichenden Gedankengänge

Endlich kam ich zu den wirklich wesentlichen Punkten: "Also, wenn ich ganz ehrlich bin..." begann mein erster Satz, der zweite und der dritte allerdings ebenso. Also, wenn ich ganz ehrlich bin, mache ich konkret im Moment folgendes:
  • Alkohol trinken, und das viel und häufig
  • Diät zur Gewichtsreduktion mit Zielgewicht (hah, ein Ziel!)
  • Sehr viel Sport
  • In Ess-Verboten denken und leben, Esskontrolle
  • Erbrechen 
  • Nicht wiegen
Technikabhängig.
Verschwiegen habe ich die Anschaffung meines Fitness-Trackers, mithilfe dessen ich Bewegung und Kalorienaufnahme bzw. -verbrauch messe. Das ist aber auch das Einzige, was ich messe und messen kann. Wenn ich es auf die Waage schaffen würde, könnte ich zusätzlich überprüfen, ob ich das einzige messbare Ziel, das mir einfällt, nämlich mein erträumtes Gewicht, irgendwann erreiche.

Die Sache mit der Selbstfürsorge.

Selbstverständlich renne ich mit meinem Geständnis keine offenen Türen ein. Immerhin, ich berichte es trotzdem - durchaus ahnend, wie die Reaktion ausfallen wird. Darum habe ich zu Beginn der Sitzung ("Wie ist es Ihnen ergangen in der Zwischenzeit?") wohl auch darüber geschwiegen. Himmel, ich bin immer so langsam und gehe 1.000 Umwege, bevor ich mich dem Kern von irgendetwas nähere. Ärger über mich selbst - denn damit geht die Sitzung schon zu Ende und mein wunderbarer Therapeut entlässt mich mit einer Hausaufgabe: Formulierung meiner eigenen Zielvereinbarung für das nächste halbe Jahr.

Und: Den Alkohol soll ich für eine Zeitlang weglassen - schaffe ich das, ist es gut; schaffe ich es nicht, muss ich mich der Suchtverschiebung stellen. Ich soll priorisieren und kategorisieren. Steht das Essen im Vordergrund, verpflichtet er mich, die Hilfe meiner Ernährungsberaterin dringend und dauerhaft wieder in Anspruch zu nehmen. Diät und Sport nur unter ärztlicher Kontrolle und im Rahmen der Selbstfürsorglichkeit. Was soll das nun wieder heißen?! Wie soll ich denn wissen, was gut für mich ist, wie ich Selbstfürsorge übe? Mein Kopf weiß es vermutlich schon, aber wenn Bauch und Herz nicht mitziehen? Und warum sind eine Diät und Sport für mich schlecht, wenn in jeder Zeitschrift dafür geworben wird? ==> Weil ich KRANK bin. Immer noch, immer wieder, immer weiter. Maßlos bin ich, durchgeknallt, unerbittlich. Habe ich mich also nach all' den Jahren zurück auf Anfang gestellt?

Nein, ich will glauben, dass ich meine Erfolge wirklich errungen habe, dass es wirklich Erfolge sind oder werden. Gehört zu meinen Zielen aber, weiter zu machen und mich einzulassen auf Impulse von außen? Will ich, dass es mir so besser geht, wie oben beschrieben? Oder stehe ich an dem Punkt, wo ich Sicherheit nur im Alten, im vergangen Geglaubten, also in der Kontrolle, finde? Ich weiß es nicht.

Nachtrag, 28.02.2019: Normale Menschen werden in der obigen Liste vermutlich als Ziele vermissen, mit dem Erbrechen und dem Alkoholkonsum aufzuhören. In mir jedoch sträubt sich alles, diese beiden Punkte in meine Zielvereinbarung aufzunehmen. Das liegt wohl daran, dass sie so unerreichbar scheinen. Also versuche ich es gar nicht erst.

Zeit für eine Pause

Umbrüche. Abschiede. Ich ziehe mich zurück, der Blog macht Pause. Gründe dafür gibt es viele, der Wichtigste: Mit dem Essen komme ich zurech...