Freitag, 23. Februar 2018

Reinfall

Auf ganzer Linie versagt.
Tatsächlich?


Nachtrag zum letzten post. Trotz aller Vorbereitung, trotz allen Durchhaltens während des Tages bin ich am Abend in die Falle getappt. Ein kurzes Nackigmachen. Ein kurzes Nachdenken über die Weisheit Viktor E. Frankls an der Tür zum Seminarraum.
 

Ich habe es heute nicht geschafft. Ich bin reingefallen.

So diszipliniert bin ich durch den Tag gegangen, es war auch gar nicht schwer: 3 gute, ausgewogene Mahlzeiten, keine Butter-Brezeln oder Kekse in den Kaffeepausen während des Seminars. Ein Erfolg auf ganzer Linie. Bis ich nach Hause kam. Mein Jüngster hatte Pfannkuchen gebacken und umfangreiche Reste produziert. Sehr süß, sehr zuckrig und sehr schokoladig. Obwohl ich ausreichend satt war, bin ich darüber hergefallen. Leider hatte ich zuvor bereits - als einzige Süßigkeit des Tages gedacht - vier Kekse und zwei Stücke Schokolade zum Nachtisch gegessen. Fatal. Ich war schon auf dem Süß-Trip. Also noch ein kleiner Pfannkuchen und noch einer und noch einer und... Mein Hirn setzt aus, ich schmecke nichts mehr, will nur noch mehr und mehr und mehr... Und lande vollgestopft auf dem Klo. Die Entscheidung war schon nach dem ersten Pfannkuchen gefallen. 

"Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegen unsere Freiheit und die Möglichkeit, unsere Antwort zu wählen."

Aha, das also sagt der Wiener Neurologe und Psychiater Viktor E. Frankl. Da muss ich wohl noch eine Weile drüber nachdenken. Die Idee ist schön, dass ich die Wahl habe und selbst über meinen weiteren Weg bestimmen kann. Ich fühle mich nämlich verstärkt ausgeliefert, bin wieder näher am Suchten als am Aufhören. Und trotzdem ist es sicher so, dass ich die Wahl habe. Eigentlich. Mein Therapeut hält ebenso daran fest: Selbst auf dem Klo könne ich noch stoppen, sagt er. Vielleicht mache ich mir ja auch etwas vor: Was, wenn ich durchaus begreife, dass ich die Wahl habe, dass ich aber bewusst dem Gesundwerden entgegen arbeite?  

Was, wenn ich mit dem Zustand, den ich erreicht habe, in dem ich mich befinde, schon zufrieden bin?

Fragt mein Therapeut. Will ich über das nachdenken, was er da gesagt hat? Die Logik, die Vernunft schreit: Nein, ich will daran glauben, dass ich es besser kann, dass noch was geht!! Seit die Waage mir digital mein Gewicht entgegen gespuckt hat, finde ich allerdings wieder mehr Gründe fürs Erbrechen. Zwar habe ich durchs Erbrechen bisher nicht abgenommen, aber vielleicht komme ich dadurch ins Nichtsessen? Denn mit Nichtsessen lässt sich durchaus Gewicht reduzieren... Die alten Muster sind plötzlich alle wieder da, aufgeplatzt wie eine eiternde Wunde, ich ekele ich vor mir selbst während ich diese Zeilen aufschreibe. 

Nein, Nein, Nein! ruft mein Inneres. Ich brauche meine Kraft an anderer Stelle!

Ich muss mir bewusst machen, was regelmäßiges, dauerhaftes Erbrechen bedeutet: Abhängigkeit, die Gedanken kreisen pausenlos um die nächste Mahlzeit, um Ge- und Verbote, um Toiletten und Gelegenheiten, um Verstecken und Vermeiden. Es bedeutet Belügen, auch Betrügen und Vertrauensbruch gegenüber meinen Lieben. Und gegenüber mir selbst. Es verursacht weitere bleibende Schäden an meinem Körper. Es bedeutet totale Erschöpfung, dauerhaft und immer, Konzentrations- und Schlafstörungen, Schmerzen, ständigen Hunger und Durst. Es bedeutet, für meine Kinder nicht mehr präsent zu sein, für meinen Job. Nein, das kann ich wirklich nicht vorhaben. Schaue ich mir das große Ganze an, habe ich tatsächlich eine Wahl. Ich glaube, ich muss die Schritte wieder kleiner machen. Heute habe ich meinen Körper, trotz des Erbrechens am Ende vom Tag, gut versorgt. Morgen ist ein neuer Tag. Morgen will ich wieder anfangen, essen zu lernen. Und über das Warum will ich jetzt nicht mehr nachdenken.

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Umbrüche. Abschiede. Ich ziehe mich zurück, der Blog macht Pause. Gründe dafür gibt es viele, der Wichtigste: Mit dem Essen komme ich zurech...