Montag, 21. März 2022

Zeit für eine Pause

Umbrüche. Abschiede.

Ich ziehe mich zurück, der Blog macht Pause. Gründe dafür gibt es viele, der Wichtigste: Mit dem Essen komme ich zurecht; es ist aus meinem Kopf verschwunden; eher macht sich Appetitlosigkeit breit, bevor ich zu viel esse. Doch auch das kommt vor, vergeht jedoch zum Glück ohne Erbrechen. Jedenfalls meistens. Erbreche ich doch, ist es ein einzelner, fürchterlicher Vorfall.

Ich bin alt geworden. Beim Erbrechen platzen mir Äderchen rund um die Augen, die als kleine rote Punkte sichtbar bleiben, bevor sie langsam vergehen. Ein Vorfall nimmt mich tagelang mit, hinterlässt Spuren in Gesicht und Magen, ich bleibe mit dauerhaftem Herzrasen zurück. Dafür reicht meine Kraft nicht mehr - in der Ironie wieder großes Glück.

Umgang mit Krisen.

Dranbleiben!
Daran habe ich gearbeitet und tue es weiter, bin weit entfernt von fertig. Vielleicht werde ich damit auch niemals fertig? Die Fragen des Lebens kehren, so glaube ich inzwischen, in den verschiedenen Lebens-Phasen zurück. Die eigene Lebens-Erfahrung macht die Beantwortung möglich oder kann sie möglich machen. Dann ist es gut, alt zu sein. So der Plan.

Manchmal jedoch schlägt das Leben zu. Wenn der Körper sich verändert, runder wird, Hormone schwingen. Kinder die Schule beenden, ausziehen. Wenn das Leben Krankheiten und Verluste bringt. Wenn der Job mehr Raum einnehmen darf, alles fordert und ich alles gebe. Und: Corona hat mir den Rückzug beschert, manche Leine habe ich gekappt. Jetzt ist es nicht gut, alt zu sein, jetzt will ich Energie zum Aufbruch. Das ist eigentlich der Plan.

Umbrüche. Anfänge.

Lange Zeit, Jahre inzwischen, kam ich fast ohne Hilfe zurecht und ließ sie auslaufen. Meine Kontrolltermine in der Klinik nahm und nehme ich allerdings immer wahr. Denn: Trete ich zurück, beobachte ich an mir eine Sensibilität und Empfindsamkeit, die bleibt. Die manchmal alte Muster, verheilt geglaubte Wunden aufreißt. Dann droht die Depression, mich mitzureißen. Das ist überhaupt nicht der Plan.

Auch eine Suchtverschiebung bemerke ich, die mir nicht gefällt. Daran muss ich arbeiten und daran werde ich arbeiten. Die Lösung habe ich noch nicht gefunden, aber den Weg begonnen. Diese Lebens-Phase erfordert also eine neue Zieldefinition. Irgendwann komme ich zum Ziel, obwohl ich weiß, dass ich eine sehr, sehr langsame Arbeiterin bin, was mein Innerstes angeht. 

Allen Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern, die bei mir geblieben sind, danke ich von Herzen. Allen Mitbetroffenen, die mitgelesen haben, sage ich: Bitte gebt niemals auf! Wir hören an anderer Stellen voneinander. Wie gesagt, hier mache ich Pause, hier muss ich Pause machen. Es kommt eine andere Zeit. Danke.



Freitag, 1. Mai 2020

Maskiert in die Psychiatrie

Wenn's nicht bitter wär', wär's komisch.


Warum die Masken mir gelegen kommen. Natürlich nicht. Aber eigentlich doch. Ganz persönliche Gedanken zur Corona-Zeit. Formuliert aus Sicht der Psychiatrie-Patientin.
Verloren.
Mir fällt beim Betrachten des Fotos auf, dass ich dringend zum Friseur muss. Selbstgeschnitten ging eine Weile gut, jetzt nicht mehr. Es reicht. Vieles reicht. Covid-19 reicht: Seit 7 Wochen gefangen mit Corona. In mir regt sich Ungehorsam, der Widerstand gegen Auflagen und Regeln. Mir fehlt so Vieles. Ich will nichts bagatellisieren und niemandem schaden. Aber ich will das Leben zurück, das ich mir so mühsam erkämpft habe. Und ich will die Nähe zurück, die Nähe zu meinen Freunden, zum Außen, ich will meine Nachbarsmädchen trösten und selbst auch in den Arm genommen werden. Doch der Reihe nach.

Mittwoch, 25. März 2020

Essgestört. Gefangen mit Corona.

Für alle die, die genauso kämpfen wie ich.
An all' jene, die versuchen zu verstehen.

Nach einem für mich persönlich schwierigen Herbst und Winter ("Sie sind chronisch krank") und dem Aufrappeln ("Wochenend-Alltag auf Bulimisch") mit viel Willenskraft zu Beginn des frischen Jahres, hat die Welt nun Corona, besser: COVID-19 - das Coronavirus SARS-CoV-2, fest im Griff. Ich bin dankbar, dass meine Familie und ich sowie meine Herzensmenschen gesund sind, und ich bin außerdem ganz fest davon überzeugt, dass wir gemeinsam diese Krise bewältigen werden. Allerdings begleiten mich Tag für Tag nicht nur die virusbedingt notwendigen Einschränkungen, sondern auch meine eigene Geschichte. Und die geht bekanntlich so:

Kathrin. 45. Essgestört. Suchtkrank. Depressiv. Das bin ich.
Und jetzt auch noch im Gefängnis mit Corona.

Sonntag, 2. Februar 2020

Wochenend-Alltag auf Bulimisch

Jeden Tag beginne ich von vorne, Weglaufen geht nicht. Montag bis Freitag, dann Wochenende, die härteste, weil unstrukturiertere, freiere Zeit. Wieder ist also Samstagabend, inzwischen Sonntagfrüh; ich habe einen Tag geschafft: Mit der Familie, mit Haushalt, Einkauf, Kochen, Backen und Essen. Im Zwiespalt zwischen Pause und Gefahr. Achtung: offen, ehrlich.

Freitag...

war ein schlechter Tag. Ich wollte erbrechen, aber meine Psyche hat zugemacht - es ging nicht alles raus. Verzweiflung, dann Gleichgültigkeit rangen jeden Widerstand nieder, ich griff später oft und schnell in die Schüssel mit den Chips, eine zweite Tüte wurde geöffnet und geleert. Dazu ein weiteres Glas Wein. So beginnt ein Wochenende auf Bulimisch.

Samstag, 4. Januar 2020

"Sie sind chronisch krank."

Ein kurzer Abriss, was das für mich bedeutet, und wie es sich anfühlt, so ins neue Jahr zu gehen. Vielleicht ein Rückblick und Ausblick...

Leider wahr.

Chronisch links...
Ich-bin-chronisch-krank. Ich bin chronisch krank. Ich bin chronisch. Ich bin. Ich. Wer bin ich? Bin ich die da, die morgens beim Aufstehen schon hofft, der Tag möge schnell vorbei gehen und viel, viel Ruhe für sie bereithalten? Und bin ich auch die da, die freudig und schön zurechtgemacht den Kindergeburtstag wuppt, die sich kümmert. Oder die da, die in Schlamperhose mit abgekauten Fingernägeln in die Tastatur haut? Ich bin Viele. Ich bin nämlich auch die, die morgens an den Wein vom Abend denkt, die es hasst, sich mit Einkaufen und Essen zu beschäftigen, die trotzdem ständig daran denkt, die immer müde ist. Tja, ich bin so Viele. Und viele dieser Anteile sind chronisch krank. Noch dazu ist mein gesamtes Ich chronisch energielos.

Wie komme ich drauf?

Meine tolle Ernährungsberaterin sagte diese Titelworte vor ein paar Tagen zu mir, als ich traurig, beinahe erschüttert, feststellte, dass wir wiederholt Strategien und Vorgehensweisen besprechen müssen, weil diese immer noch nicht in meinem Innen verankert sind, so scheint es. Ich schäme mich so sehr dafür: Wieder und wieder thematisieren wir Portionsgrößen, Bestandteile einer Mahlzeit, die Wirkung von Eiweiß und Fetten, die Bedeutung von Kohlenhydraten, die Merkmale von Appetit und Hunger, den Umgang damit. Wieder beichte ich meine Fressanfälle und das Erbrechen. Ich habe es nicht geschafft, beides über die Feiertage auszulassen.

Was mache ich draus?  

Meine tolle Ernährungsberaterin richtet mich wieder aus auf meine Ziele,
...und chronisch rechts.
ermutigt mich, bleibt treu an meiner Seite und hat kein Problem mit diesen Wiederholungen.
Mit ihrer Hilfe fasse ich alte Vorsätze neu: Nach den Ferien-Feiertagen werde ich wieder Essprotokoll führen, ich werde an die tägliche Portion Nüsse denken, den Alkohol während der Woche weglassen und insgesamt reduzieren, an meinen Sport-Terminen festhalten, ich werde wieder Essenspläne schreiben und Mahlzeiten vorbereiten, Schokolade und Kuchen einplanen, aber nicht schnell nebenbei essen, ich will die definierten Portionsgrößen einhalten. Das alles erinnert mich doch sehr an die Hausaufgaben vom Januar letzten Jahres und an meine Beichte. Habe ich also gar nichts erreicht? Nein, so ist es nicht. Doch diese Krankheiten, meine Krankheiten sind bitter: bitter-ernst und bitter-chronisch. Darum bleibt mir nichts übrig, als stets neu anzufangen. In der Hoffnung, dass ich überlebe. Und dass das Leben vielleicht doch ein wenig leichter wird.

Donnerstag, 28. November 2019

Mein reizender Cocktail...

In Auszügen.

... aus Wein, Schokolade, Kaffee, Tabletten, Shopping, Blut und Schmerz.


Back to the sprachlosigkeit, back to my very best. Nur variantenreicher, beinahe noch schlimmer als damals, als ich bloß gekotzt habe.

Bekannt: bodenlos traurig, elend und matt und müde, körperlich ausgehöhlt, dauerschlafend und doch nie erholt.

Fast darf ich das hier gar nicht aufschreiben, schließlich wird’s die eine oder der andere lesen. Dann bin ich wieder nackig. Es tut mir leid, ich kann nicht sprechen, nur schreiben. 

Symbolhaft.
Man sieht mir nix an, ich fahre diese Stacheln der Perfektion aus, alles gut und wunderbar. Der Alltag läuft, ich stemme das Zuhören und Mittagessenkochen und Motivieren und Nachhaken und Organisieren. Was ich nicht schaffe: Körperpflege, Kosmetik, Einkaufen, Aufräumen, Telefonieren und wichtige Post erledigen, Arbeitengehen, Dinge-tun-Müssen. Ich schlafe vorm Außen verborgen ganze Vormittage, mache eine erklärt lange Mittagspause, entziehe mich der Familie durch frühes Zubettgehen. Ausgeschlafen oder gar energiegeladen bin ich nie.

Sonntag, 23. Juni 2019

Ich bin...

... eine gute Tochter.

4 Tage lang war ich eine gute, liebe, aufmerksame, gastfreundliche, lustige Tochter, Bäckerin und Köchin. Jetzt bin ich völlig geschafft, brauche nur noch meine Ruhe und weine meinen Fingernägeln hinterher.

Sehnsucht nach den Enkeln.

Labyrinthisch.
Alles klar, alles gut. Die Großeltern wollen ihre Enkel besuchen. Das dürfen sie. Wir finden ein Wochenende, sie buchen ihr Hotelzimmer. Bei uns ist es zu trubelig; und ich muss sagen, dass mir das inzwischen auch sehr recht ist. Mehrfach bekommen wir zu hören, dass das Aufwachsen der Kinder ja völlig an ihnen vorbei gehe. Es gibt weitere Spitzen, das ist wohl völlig normal. Jedoch: Mein Vater gefällt mir jedes Jahr besser, meine Eltern gemeinsam sind wunderbar. Neben schönen Unternehmungen, Theater- und Stadtbesuchen gibt es viel Gelächter, freundliches Erzählen, gutes Essen.

Zeit für eine Pause

Umbrüche. Abschiede. Ich ziehe mich zurück, der Blog macht Pause. Gründe dafür gibt es viele, der Wichtigste: Mit dem Essen komme ich zurech...